Will ein Arbeitgeber kein Weihnachtsgeld mehr zahlen, so muss der Arbeitsvertrag schon sehr präzise formuliert sein, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts belegt.
9.12.2013 (verpd) Werden in einem von einem Arbeitgeber verwendeten Formulararbeitsvertrag Sonderzahlungen, wie zum Beispiel Weihnachtsgeld, konkret beziffert und ausdrücklich zugesagt, so hat der Arbeitnehmer darauf einen Rechtsanspruch. Das gilt selbst dann, wenn in dem Vertrag gleichzeitig geregelt ist, dass es sich um freiwillige Leistungen handelt, die keinen Rechtsanspruch begründen, so das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil (Az.: 10 AZR 177/12).
Ein Beschäftigter, dem anders als in den Vorjahren zwei Jahre lang kein Weihnachtsgeld gezahlt worden war, hatte dagegen geklagt. Der Arbeitgeber begründete sein Vorgehen damit, dass eine Zahlung aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich sei.
Widersprüchliche Klausel
Der Kläger glaubte trotz allem, einen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung zu haben. Dabei berief er sich auf den Arbeitsvertrag.
Hier stand unter anderem: „Freiwillige soziale Leistungen richten sich nach dem betriebsüblichen Rahmen. Zurzeit werden gewährt: Weihnachtsgeld in Höhe von (zeitanteilig) 40 Prozent eines Monatsgehaltes im ersten Kalenderjahr der Beschäftigung. Es erhöht sich pro weiterem Kalenderjahr um jeweils zehn Prozent bis zu 100 Prozent eines Monatsgehaltes. Die Zahlung der betrieblichen Sondervergütungen (Weihnachtsgratifikation, Urlaubsgeld, Vermögenswirksame Leistungen) erfolgt in jedem Einzelfall freiwillig und ohne Begründung eines Rechtsanspruchs für die Zukunft.“
Würden aber Sonderzahlungen in einem Arbeitsvertrag nach Höhe und Voraussetzungen präzise formuliert, so sei es nach Meinung des Klägers widersprüchlich, sie zugleich unter einen Freiwilligkeits-Vorbehalt zu stellen. Die entsprechende Klausel ist seiner Ansicht nach daher unklar und unwirksam.
Sieg in allen Instanzen
Dem schlossen sich die Richter des Bundesarbeitsgerichts an. Sie gaben ebenso wie die angerufenen Vorinstanzen der Klage statt. Nach Ansicht der Richter muss sich der Arbeitgeber daran messen lassen, dass er dem Kläger in dem Arbeitsvertrag ein Weihnachtsgeld „gewährt“ und dieses präzise einschließlich eines Erhöhungsfaktors beziffert hat.
Dem steht nicht entgegen, dass das Weihnachtsgeld als „freiwillige soziale Leistung“ bezeichnet wird. Denn die Bezeichnung „freiwillig“ kann auch zum Ausdruck bringen, dass der Arbeitgeber nicht durch einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder durch ein Gesetz zu der Leistung verpflichtet ist, so das Bundesarbeitsgericht.
Die Richter stellten zwar nicht in Abrede, dass ein Arbeitgeber einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Sonderzahlungen grundsätzlich durch eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag ausschließen kann. Das aber erfordert, dass der Vertrag klar und verständlich formuliert sein muss.
Verstoß gegen das Transparenzgebot
An einer solchen verständlichen Formulierung fehlt es indes, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einerseits die Zahlung einer Gratifikation in einer bestimmten Höhe zusagt, andererseits aber in Widerspruch dazu in einer weiteren Vertragsklausel auf die Freiwilligkeit der Zahlung und eine jederzeitige Widerrufbarkeit pocht.
Eine entsprechende Klausel verstößt nach Überzeugung des Gerichts daher gegen das sogenannte Transparenzgebot nach Paragraf 307 Absatz 1 Satz 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Sie ist folglich wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers nichtig.
Prinzipiell muss bei Arbeitsrechts-Verfahren vor Gericht jede Streitpartei – auch diejenige, die den Rechtsstreit gewinnt, wie in dem genannten Fall – ihre Anwalts- und anteiligen Gerichtskosten selbst bezahlen. Arbeitnehmer, die eine passende Rechtsschutz-Versicherung haben, entgehen jedoch diesem Kostenrisiko. Eine Rechtsschutz-Police, bei der ein Berufsrechtsschutz enthalten ist, übernimmt nämlich unter anderem diese Kosten, wenn der Rechtsschutz-Versicherer vorher eine Leistungszusage gegeben hat.